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Are You Really Lost?

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„Slow“. Wie passend. Matias Aguayo hätte seinen Remix von Michael Mayers Track „Lovefood“ letztens zu keiner passenderen Coverversion transformieren können als ausgerechnet zu einer von Kylie Minogues „Slow“. Nicht, weil das Original so ein wahnsinnig tolles Stück ist. Das ist es. Nicht, weil Kylies Output sich in den vergangenen Jahren so verehrungswürdig entwickelt hat. Das hat er. Und auch nicht, weil Kylie damit diese elegante, selbstbewusste, clubsozialisierte Art von Pop geschaffen hat, die man bei Kompakt so gerne propagiert. Das hat sie, und das hat auch Aguayo mit dieser Coverversion, quasi als Neuauflage von seiner und Mayers Zusammenarbeit damals als Zimt. Nein, passend war es, weil dieses Stück eben das ist: slow, langsam. Denn so konnte dieser Aufsehen erregende Track zur bestmöglichen aller denkbaren Vorankündigungen für dieses Album werden: „Are You Really Lost?“, das Solo-Debütalbum der ehemaligen Closer-Music-Hälfte Aguayo, ist nämlich ebenfalls genau das: langsam. Und hier weiß jemand, dass sich aus dieser bestimmten Langsamkeit eine bestimmte Sexyness entwickeln lässt. Sozusagen als Gegenpol zu hektischem Karnickel-Geficke, zu rücksichtslosem Wummern und Draufhauen, zu martialisch demonstrierter Durchschlagskraft und Muskelspielerei. Stattdessen entsteht die Sexyness dieser Platte aus Beherrschung und Zurückhaltung, Andeutung und Anspielung, Augenzwinkern und lasziven Gesten. Aus einem in sich ruhenden Wissen um die eigenen Möglichkeiten also.
Das soll nicht etwa heißen, dass „Are You Relly Lost?“ keinen Wumms hätte, keine Macht, keine Effizienz. Dieses Album, eine Koproduktion mit dem von The Meteorites bekannten Markus Rossknecht, ist nämlich auch ein Produktionstraum, irre crisp und zielgerichtet. Aber in seiner statischen, langsamen, trancigen Loophaftigkeit, in seiner Stoizität, in Aguayos selbstverlorenem Mantra-Gesang knüpft es eben viel eher an freundlichere, weichere Suicpope, oder, wenn man es denn etwas aktueller möchte, an Klaus Kotai und Elektro Music Department mit weniger Drogen und dafür mehr Gesang an, als an irgendeine Form von zeitgenössischem Techno. Eine Platte, wie es sie auf Kompakt noch nicht gab und wie es sie auch sonst noch nirgends gab. Aguayo singt und spricht darauf vermeintlich leere Phrasen, immer wieder und wieder, über diese langsamen Beats und diese manchmal an Drum’n’Bass erinnernden Basslines. Er lockt sich und seine Zuhörer an und davon, verführt und serviert, ist ganz präsent und verschwindet plötzlich blitzschnell wieder im Nebel. Und irgendwann hält die Zeit an, alles verflüssigt sich und schwebt davon. Zurück bleibt diese Platte: zugleich ganz weit draußen und ganz weit unten. Ganz abgründig. Ganz langsam. Und ganz sexy. Echt Techno für das Schlafzimmer.

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